Die Geschichte der Ansichtskarten in Österreich – Von Grüßen aus der Ferne bis zu kleinen Kunstwerken

Die Geschichte der Ansichtskarten in Österreich – Von Grüßen aus der Ferne bis zu kleinen Kunstwerken

Die Entstehung der Ansichtskarten in Österreich

Österreich gilt als eines der Mutterländer der Ansichtskarte. Bereits 1869 wurde hier die Korrespondenzkarte eingeführt – eine postalische Innovation, die von dem k.k. Post- und Telegraphendirektor Emanuel Herrmann vorgeschlagen wurde. Die Idee war einfach, aber revolutionär: Eine kleine Karte, die günstiger als ein Brief verschickt werden konnte und auf der man kurze Mitteilungen schrieb.

Anfangs waren diese Karten schlicht und ohne Abbildungen, doch schon bald entwickelte sich daraus die illustrierte Postkarte, die ab den 1870er-Jahren populär wurde. Um 1896 entstand in Österreich dann die erste farbig bedruckte Ansichtskarte – ein Meilenstein für Sammler und Reisende gleichermaßen.

Arten von Ansichtskarten

Im Laufe der Zeit entwickelten sich verschiedene Arten von Ansichtskarten, die nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern auch als Erinnerungsstücke dienten:

  • Fotopostkarten: Mit echten Fotografien versehen, oft in Schwarz-Weiß oder Sepia.

    RATTENBERG, Überschwemmung vom 24. Juni 1907, Photographie, gelaufen 1907
  • Lithografische Karten: Künstlerisch gestaltete Drucke, besonders beliebt um 1900.



  • Gruß aus ...-Karten: Klassiker der Jahrhundertwende, oft mit mehreren kleinen Ansichten einer Stadt und reich verziert.
  • Thematische Karten: Z. B. mit Trachten, Brauchtum, Tieren oder humoristischen Darstellungen.



  • Panorama- und Mehrbildkarten: Breite Stadtansichten oder Collagen mit mehreren Motiven.

    GRAZ, Mehrbildkarte, gelaufen 1913
  • Künstlerkarten der Wiener Werkstätte: Ab etwa 1907 entwarfen Künstler wie Koloman Moser oder Josef Hoffmann originelle Postkarten mit geometrischen Mustern, floralen Motiven und Jugendstil-Elementen. Diese streng limitierten Karten gelten heute als begehrte Sammlerstücke und können bei Auktionen sehr hohe Preise erzielen.




  • Propagandakarten: Besonders während des Ersten und Zweiten Weltkriegs nutzte man Postkarten, um patriotische Botschaften, Heldenbilder oder Feinddarstellungen zu verbreiten. Sie sind heute nicht nur historische Zeitdokumente, sondern auch eindrucksvolle Zeugnisse dafür, wie stark Medien zur Meinungsbildung eingesetzt wurden.
    Propagandakarte
    Proganda gegen Italien

Drucktechniken bei Ansichtskarten

Die Vielfalt der Ansichtskarten hängt eng mit den jeweiligen Druckverfahren zusammen. Diese bestimmten nicht nur die Bildwirkung, sondern auch den Preis und die Verbreitung:

  • Chromolithografie: Eine besonders farbenprächtige Technik, bei der mehrere Drucksteine verwendet wurden. Sehr beliebt um 1900.
  • Lichtdruck (Collotypie): Eines der ersten Verfahren, mit dem Fotografien detailgetreu auf Karten übertragen werden konnten.
  • Kupfertiefdruck: Gab Bildern eine hohe Schärfe und feine Nuancen – oft bei hochwertigen Karten eingesetzt.
  • Offsetdruck: Ab den 1920er-Jahren immer häufiger, weil er günstiger und schneller war.
  • Echte Foto-Postkarten (Silbergelatineabzüge): Hier wurde das Fotopapier direkt belichtet und entwickelt – jede Karte war im Grunde ein echtes Foto. Besonders ab den 1910er-Jahren populär.
  • Prägedruck & Glitzerkarten: Beliebt als Zierkarten – mit Reliefprägung, Gold- oder Silberverzierungen und manchmal sogar Glimmer.

Sammler:innen können anhand der Drucktechnik nicht nur das Alter bestimmen, sondern auch die Seltenheit und den Wert einer Karte besser einschätzen.

Beliebte Motive auf österreichischen Ansichtskarten

Ansichtskarten waren immer auch ein Spiegel der Zeit. In Österreich erfreuten sich besonders folgende Motive großer Beliebtheit:

  • Städte und Sehenswürdigkeiten: Wien mit Stephansdom, Hofburg oder Prater; Salzburg mit Festung Hohensalzburg; Innsbruck mit der Nordkette.

    WIEN, Thiergarten im K.K. Prater, Lithographie, gelaufen 1897
  • Alpenlandschaften: Majestätische Berge, Almhütten, Gletscher und idyllische Täler.
  • Kultur und Tradition: Trachten, Feste, Musikanten, Fiaker oder Kaffeehaus-Szenen.
  • Historische Ereignisse: Weltausstellungen, Kaiserjubiläen oder Großereignisse.

    WIEN, 2 Ansichten, Jubiläumskarte, gelaufen 1908
  • Kurorte und Seen: Bad Ischl, der Wörthersee oder die Wachau als Sehnsuchtsziele der Sommerfrische.

Besonders um die Jahrhundertwende wurden viele Karten liebevoll gestaltet, mit floralen Ornamenten, Goldprägung oder handschriftlichen Widmungen – kleine Kunstwerke, die noch heute Sammlerherzen höherschlagen lassen.

Fazit

Von einer praktischen Postinnovation zur künstlerischen Erinnerung – die österreichische Ansichtskarte hat eine spannende Entwicklung durchlaufen. Ob als Gruß aus den Ferien, als Sammlerstück oder als historisches Dokument: Ansichtskarten erzählen Geschichten von Orten, Menschen und ihrer Sehnsucht nach Verbindung. Und manchmal sind sie – wie die seltenen Wiener Werkstätte-Karten – selbst zu wahren Kunstschätzen geworden.

Einen besonderen Reiz übt das Sammeln von Ansichtskarten aus der eigenen Heimatgemeinde oder dem Heimatbezirk aus. Sie zeigen vertraute Straßenzüge, Plätze oder Gebäude in längst vergangener Gestalt und lassen die lokale Geschichte lebendig werden. Für viele Sammler:innen sind es gerade diese heimatlichen Motive, die eine tiefe emotionale Verbindung schaffen und die Faszination für Ansichtskarten bis heute lebendig halten.

Tipps für Sammler:innen

Wer selbst mit dem Sammeln von Ansichtskarten beginnen oder seine Sammlung vertiefen möchte, sollte auf einige Punkte achten:

  • Erhaltungszustand: Knicke, Risse, Flecken oder Vergilbungen mindern den Wert deutlich. Karten in sehr gutem Zustand sind gefragter.
  • Poststempel und Beschriftung: Original gelaufene Karten mit zeittypischen Briefmarken und Stempeln sind oft interessanter als unbeschriebene Exemplare.
  • Seltenheit: Limitierte Serien (z. B. Wiener Werkstätte), Karten mit ungewöhnlichen Motiven oder seltenen Ortsansichten sind besonders wertvoll.
  • Drucktechnik: Chromolithografien, frühe Fotopostkarten oder geprägte Karten sind begehrte Sammelstücke.
  • Themen & Regionen: Viele Sammler:innen spezialisieren sich auf bestimmte Themen (z. B. Eisenbahnen, Trachten, Propagandakarten) oder eben auf ihre Heimatgemeinde.
  • ALPBACHER Musik, Tiroler Trachten

So verbindet das Sammeln von Ansichtskarten historische Forschung mit persönlicher Leidenschaft – und hält die Erinnerung an vergangene Zeiten lebendig.



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